1.1 Einführung

Die Bertelsmann-Stiftung beschreibt mit wenigen Sätzen treffend die umfängliche Bedeutung der sog. Digitalisierung für die öffentlichen Verwaltungen:

„Die Digitalisierung der Verwaltung geht weit darüber hinaus, dass Bürger und Unternehmen online mit ihr kommunizieren können. Insgesamt können öffentliche Aufgaben auf neue Art und Weise erbracht werden. Eine digitale Verwaltung kann die Bedürfnisse der Bürger und Unternehmen genauer bestimmen, zielgruppengerechte Angebote aufbauen und staatliche Ziele effektiver erreichen. Sie kann die eigene Auslastung präziser prognostizieren und Ressourcen effizienter einsetzen. Sie kann Prozesse vereinfachen und Schnittstellen automatisieren. Sie kann Missbrauch staatlicher Leistungen mit intelligenter Datenanalyse besser verhindern, präventive Maßnahmen zielgenau ausrichten. Sie kann zielgerichteter in Infrastruktur investieren und nicht zuletzt ihre Arbeit attraktiver gestalten sowie Personal von monotonen und repetitiven Arbeiten entlasten.“ (Bertelsmann-Stiftung: Digitale Transformation, Mai 2017)

Die Kreisverwaltung versteht den Digitalisierungsprozess als eine innovative Kraft und als eine Chance für die Bewältigung zukünftiger Herausforderungen. Sie hat Einiges im Kontext der Digitalisierung bereits in den letzten beiden Jahrzehnten unternommen, um die Anforderungen an eine moderne Leistungsverwaltung zu erfüllen. Man stellt nun aber allseits fest, dass die Entwicklungen in der Informations- und Kommunikationstechnik und insbesondere der Nutzung von Computern und mobilen Endgeräten wie Smartphones und Tablets in einer bislang nicht bekannten Geschwindigkeit voranschreiten. Diese rasanten Veränderungen werden von einigen Fachleuten als umwälzender als diejenigen der sog. Industriellen Revolution bewertet, die in der Mitte des 19. Jahrhunderts von der Agrar- in die Industriegesellschaft führte. So schreibt das Handelsblatt jüngst in einer Sonderbeilage über die Digitale Bewegung:

„Die Zukunft gehört denen, die die digitale Welt gestalten. Vor zehn Jahren waren Smartphones in aller Munde, heute sind sie in aller Hände. Online zu sein, war damals die Ausnahme, heute ist es die Regel. Einen solchen allumfassenden Entwicklungsschub in so kurzer Zeit hat die Welt bis dato nicht gesehen. Und das ist erst der Anfang. Der Fortschritt nimmt mit jeder neuen Entwicklung weiter an Fahrt auf. Wir werden anders kommunizieren, konsumieren, produzieren, arbeiten, lernen – ja ganz anders leben. Um auch in Zukunft erfolgreich zu sein, müssen wir auf all diese Veränderungen nicht nur vorbereitet sein, sondern diese auch aktiv vorantreiben.“ [Handelsblatt (Hrsg.): Die Digitale Bewegung, S. 2, 2018]

Auf diese Entwicklungen will und muss sich auch die Kreisverwaltung einstellen. Dies erfolgt  durch Reaktion auf gesetzliche Vorgaben und gesellschaftliche Anforderungen an öffentliche Verwaltungen und durch Antizipation und proaktives Handeln. All dies wird in den nächsten Jahren mit viel Arbeit einhergehen sowie – naturgemäß derzeit nicht abschätzbare – personelle und finanzielle Ressourcen für den Digitalisierungsprozess erfordern. Andererseits wird erwartet, dass sich langfristig bei der Erbringung kommunaler Leistungen der Ressourceneinsatz reduzieren lässt und damit auch dem demografischen Wandel mit dem kleiner werdenden Potenzial an Fachkräften in geeigneter Weise begegnet werden kann.

Durch die Digitalisierung sollen die Dienstleistungen der Kreisverwaltung in den nächsten Jahren auf elektronischem Weg anwenderfreundlich, einfach und wirtschaftlich angeboten werden, so dass die Bürger und Unternehmen diese Angebote gerne und intensiv nutzen. Die sog. digitale Transformation soll zudem die Attraktivität der Kreisverwaltung steigern und die Effizienz weiter erhöhen. Der Digitalisierungsprozess in unserer Kreisverwaltung soll konsequent und mit Augenmaß umgesetzt werden, damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Bürgerinnen und Bürger die digitalisierten Verfahren und die E-Governmentangebote akzeptieren. Deshalb müssen auch die Mehrwerte der elektronischen Verwaltungsverfahren in Form von vielfältigen Entlastungen, Vereinfachungen und Beschleunigungen für die Nutzer innerhalb und außerhalb der Verwaltung deutlich erkennbar sein und die Nutzer müssen in geeigneter Weise in die Entwicklungen einbezogen werden.

Langfristig fördern wir mit der Digitalisierung u.a. die folgenden positiven visionären Entwicklungen:

  • Wege und Fahrten zu den Verwaltungsdienststellen werden sich verringern oder sogar ganz vermeiden lassen; die Kommunikation erfolgt von Haus (Mitarbeiter/in) zu Haus (Kunde/in).
  • Anträge und Anfragen gehen grundsätzlich elektronisch über das Internet oder im Kreisgebiet verteilte Selbstbedienungsterminals ein und werden medienbruchfrei zügig bearbeitet.
  • Beratungsgespräche erfordern kein persönliches Erscheinen im Büro; sie finden zunehmend für die Bürger von zuhause oder vom Dienstort virtuell über Dienste wie heute Skype oder Facetime statt.
  • Kluge Sensoren und elektronische Fernmeldung sparen Überprüfungen vor Ort mit längeren Anfahrten im Außendienst ein; Vermessungsdrohnen und Satelliten übernehmen die Vermessungen von Grundstücken und Gebäuden.
  • „Shared Service Center“ bearbeiten Teilaufgaben standortunabhängig mit anderen Kommunen zusammen und begegnen so dem absehbaren Fachkräftemangel.
  • Anträge an die Verwaltung werden entbehrlich. Die Verwaltung wird von sich aus entsprechend der jeweiligen Lebenslage der Bürger mit automatisierten Routinen tätig. Steht z.B. die Verlängerung einer Genehmigung an, erhält der Nutzer automatisch ein digitales Antragsformular zugesandt oder – wenn rechtlich zulässig – schon die bewilligte Verlängerung. In Österreich wird z.B. die Familienbeihilfe (Kindergeld) antragslos gewährt durch Meldung der Geburt durch das Krankenhaus beim Standesamt.

Die Digitalisierungsstrategie basiert auf drei Eckpfeilern (s. Ziffer 3):

Eckpfeiler 1: Technische Infrastruktur

(Elemente: Leitungsgebundene Breitbandversorgung / Glasfaser, Richtfunk, Mobilfunk mit LTE und 5G, WLAN)

Eckpfeiler 2: Digitale Basisprozesse

(Elemente: Elektronische-Akte, Dokumentenmanagementsysteme, Workflows)

Eckpfeiler 3: E-Governmentangebote  für Bürger, Unternehmen und Institutionen

(Elemente: nutzerorientierte und komfortable Online-Dienstleistungen, zentrale Portale bzw. Portalverbünde, medienbruchfreie effiziente Workflows)
 

Die Digitalisierungsstrategie befasst sich außerdem mit einigen weiteren wichtigen Bausteinen im Kontext der Digitalisierung (s. Ziffer 6):

  • Kooperationen im föderalen Bundesstaat, im Land NRW und mit den Kommunen im Kreis (Portalverbünde, Shared Service Center)
  • Digitale Wirtschaftsförderung durch die gfw („Mittelstand 4.0“, Digital-Team, Digital Hub, Innovationsförderung, Online-Dienste, öffentlich-private Netzwerk-Partnerschaften)
  • Neue ortsunabhängige Arbeitsformen (Telearbeit/Home office, Arbeit mit mobilen Endgeräten, Teamarbeit in virtuellen Räumen, erweiterte Vertretungsmöglichkeiten)
  • Erweiterte Kommunikationsmöglichkeiten (Facebook, Instagram, Twitter, SnapChat, Chatbots, Business Messengers,  intelligente Antragsformulare)
  • OpenData und Bürgerbeteiligung (offene Datenbereitstellung, E-Partizipation bei der Erarbeitung von Plänen und Programmen)

Das Digitalisierungskonzept skizziert für jeden Eckpfeiler die (strategischen) Ziele, den bisher erreichten Umsetzungsstand, die derzeit angedachten und erkennbaren Maßnahmen im jeweiligen Zielfeld und die Träger bzw. Akteure der Realisierung.

Mit dem Instrument des „Projektsteckbriefs“ (Ziffer 5.2) sollen in nächster Zeit mit den Fachämtern weitere Projekte für die Digitalisierung in den drei Eckpfeilern identifiziert und charakterisiert sowie in eine zeitliche Abfolge priorisiert werden. Hieraus wird anschließend der „Fahrplan“ des Digitalisierungsprozesses hinsichtlich der (externen) E-Governmentangebote für Bürger, Wirtschaft und Institutionen und der (internen) digitalen Basisprozesse erarbeitet.

Des Weiteren finden sich in Ziff. 5.1 einige konkrete Schritte für das weitere Vorgehen in diesem Digitalisierungsprozess.

Darüber hinaus definiert die Digitalisierungsstrategie Begriffe (s. Ziffer 1.3), stellt den rechtlichen (Ziffer 2.1) und technischen Rahmen (Ziffer 2.3) und die Anforderungen an den Datenschutz und die Datensicherheit (Ziffer 2.2) dar. Eine erste noch grobe Einschätzung des personellen und finanziellen Aufwands schließt den Bericht ab (Ziffer 7).

Die Digitalisierungsstrategie ist als dynamische systematische Sammlung von umsetzbaren Ideen zu verstehen. Sie wird kontinuierlich entsprechend der Umsetzung von Maßnahmen und Projekten in die Praxis, technologischer Weiterentwicklungen, Best-Practice-Modellen anderer Kommunen neuer Ideen und eventuell geänderter Zielvorstellungen weiterentwickelt. Externe Unterstützung ist dabei erwünscht. So hat die Kreisverwaltung beispielsweise kürzlich ihr Interesse beim Forschungskolleg der Universität Siegen bekundet, durch einen zweitätigen „Digitalisierungs-Quick Check für Kommunen“ zusätzliche Impulse für den eigenen Digitalisierungsprozess zu erhalten. Die Digitalisierung soll als ein nachhaltiger Prozess in der Kreisverwaltung organisiert werden.

Weitere Informationen

Kontakt

Kreis Warendorf
Amt für Informationstechnik und Digitalisierung
Waldenburger Straße 2
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Fax: 02581 53-1099
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