2.1 Rechtliche Rahmenbedingungen

Um eine Digitalisierungsstrategie in einer Kommunalverwaltung entwickeln zu können, ist es unerlässlich die rechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten. Diese Rahmenbedingungen können die Umsetzung der Digitalisierungsstrategie sowohl verzögern und behindern als auch fördern und voranbringen. Derzeit finden auf allen gesetzgeberischen Ebenen erhebliche Anstrengungen statt, die gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine Digitalisierung der Verwaltung zu verbessern.

2.1.1 EU-Richtline über die elektronische Rechnungstellung bei öffentlichen Aufträgen

Diese Richtlinie muss in nationales Recht umgesetzt werden. Der Bund und die Länder streben eine einheitliche Umsetzung  im Bundesgebiet an, und es soll ein nationaler Standard erarbeitet werden, welcher sowohl die Anforderungen der EU-Richtlinie als auch die nationalen Anforderungen erfüllt.

2.1.2 E-Government-Gesetz Bund

Das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung (E-Government-Gesetz) des Bundes ist am 01.08.2013 in Kraft getreten. Es richtet sich im Wesentlichen an die Bundesbehörden. Für die Kreise gilt es nur dann, wenn sie Bundesrecht als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung ausführen.

Nach dem Gesetz ist der Kreis verpflichtet, einen Zugang für elektronische Dokumente zu eröffnen. Dieses gilt auch für Dokumente, die mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind. Beim Kreis ist diese Anforderung durch die Übermittlung via E-Mail, De-Mail oder bei signierten Dokumenten über die virtuelle Poststelle erfüllt.

Für elektronisch durchgeführte Verwaltungsverfahren muss auch ein elektronisches Bezahlverfahren angeboten werden. Die Anforderungen an das Verfahren sind nicht weiter spezifiziert, haben aber in den Onlineverfahren zur KFZ-Zulassung schon, bei der Liegenschaftskarte und beim Reitkennzeichen eine konkrete Umsetzung erfahren.

Wenn ein Verfahren elektronisch geführt wird, müssen notwendige Nachweise nicht mehr im Original, sondern können auch, sofern nicht ausdrücklich anders bestimmt, elektronisch eingereicht werden.

Register, die auf der Grundlage von Bundesrecht neu aufgebaut oder überarbeitet werden und die einen Bezug zu inländischen Grundstücken haben, müssen eine direkte Georeferenzierung (Koordinate) enthalten.

Amtliche Mitteilungs- und Verkündungsblätter dürfen auch ausschließlich elektronisch angeboten werden. Voraussetzung ist, dass die publizierten Inhalte allgemein und dauerhaft zugänglich sind und eine Veränderung des Inhalts ausgeschlossen ist.

2.1.3 Gesetz zum Abbau verzichtbarer Anordnungen der Schriftform

Die bisherige analoge Verwaltung basierte auf der papiergebundenen Akte. Daher ist es eine logische Folge, dass die meisten Anträge in schriftlicher Form vorgelegt werden mussten. Eine handschriftliche Unterschrift war in diesem Umfeld kein besonderer zusätzlicher Aufwand, so dass der weitaus größte Teil dieser Antragsformulare ein Unterschriftenfeld hat. Die manuelle Unterschrift ist eines der größten Hemmnisse bei der Digitalisierung der Prozesse. Es gilt als in jedem Fall zu prüfen, ob die manuelle Unterschrift erforderlich ist oder nicht.

Zunächst ist zu prüfen, ob es überhaupt ein gesetzliches Schriftformerfordernis gibt. In sehr vielen Fällen gibt es das nicht, und viele Formulare enthalten nur deshalb ein Unterschriftenfeld, weil es allgemein so üblich war.

In den anderen Fällen wird vom Gesetzgeber geprüft, ob das Schriftformerfordernis im Einzelfall aufrechterhalten werden muss. Auf Bundesebene gibt es daher das oben genannte Gesetz zum Abbau verzichtbarer Anordnungen der Schriftform.

Insgesamt wurden 2872 Rechtsvorschriften des Bundes überprüft. In 20% davon sind Anordnungen der Schriftform verzichtbar. Die Kreisverwaltung ist unmittelbar in den Bereichen betroffen, wo sie Bundesrecht umsetzt. Nach einer ersten, groben Schätzung sind bei ca. 1/3 dieser 550 Vorschriften Fachbereiche betroffen, in denen die Kreisverwaltung Bundesrecht ausführt. Das muss aber noch von den Fachämtern verifiziert werden.

In 56 von 472 Rechtsvorschriften wurde die Schriftform ersatzlos gestrichen. Hier gibt es kein Formerfordernis mehr; eine Mitteilung kann sowohl schriftlich als auch elektronisch als auch mündlich oder telefonisch erfolgen.

Im überwiegenden Teil der Vorschriften wurde die Anordnung der Schriftform durch die Formulierung „schriftlich oder elektronisch“ ersetzt. Neben der klassischen Schriftform können auch verschiedene elektronische Varianten genutzt werden. Zum Beispiel eine einfache E-Mail oder das elektronische Ausfüllen eines Webformulars im Internet. Nur die mündliche oder telefonische Übermittlung ist nicht zulässig.

Auf Landesebene läuft derzeit eine analoge Untersuchung zu den Vorschriften des Landes. Das Prüfungsergebnis soll zum 01.01.2019 vorliegen.

2.1.4 Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen (Onlinezugangsgesetz – OZG) vom 14.08.2017

Hauptwerkzeug zur Erreichung der Zielsetzung dieses Gesetzes ist die Einrichtung eines sog. Portalverbundes für digitale Verwaltungsleistungen. Danach sind Bund und Länder verpflichtet bis Ende 2022 ihre Verwaltungsleistungen auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten.

Bund und Länder sind verpflichtet ihre Verwaltungsportale miteinander zu einem Portalverbund zu verknüpfen. Die notwendigen IT-Anwendungen, Basisdienste, sowie Standards, Schnittstellen und Sicherheitsvorgaben sollen zwischen  Bund, Ländern und Kommunen abgestimmt werden. Angesichts der Fülle der noch abzustimmenden technischen Spezifikationen ist der Zeitplan sehr ehrgeizig.

In dem Gesetz findet sich auch eine Legaldefinition für den Begriff „Nutzer“. „Nutzer“ sind diejenigen, die Verwaltungsleistungen in Anspruch nehmen, zum Beispiel Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen.

Zentraler Zugangsweg zu den Verwaltungsdiensten soll das Nutzerkonto sein. Bund und Länder stellen Nutzerkonten bereit. Über das Nutzerkonto eines Landes können auch Leistungen der anderen Bundesländer, des Bundes und natürlich auch der Kommunen abgewickelt werden.

Für Nordrhein-Westfalen ist kürzlich das „Servicekonto NRW“ als Nutzerkonto in Betrieb gegangen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Angebote wie das Servicekonto NRW, die eID des Personalausweises oder De-Mail von den Nutzern auch angenommen werden. Nur mit einer Akzeptanz durch die Nutzer wird auch der Portalverbund eine große Reichweite haben.

2.1.5 Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung in NRW (EGovG NRW)

Das Gesetz ist seit dem 09.07.2016 in Kraft. Es gilt grundsätzlich auch für die Kreise. Ausnahmen sind hier die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten und die Jobcenter.

Als Anforderungen an den elektronischen Zugang wird zum 01.01.2018 gefordert, dass Mails mit qualifizierter, elektronischer Signatur empfangen werden können und ein Zugang über das De-Mail-System vorhanden ist. Beide Anforderungen wurden vom Kreis fristgerecht erfüllt. Die klassischen Zugangswege dürfen den Nutzern nicht verwehrt werden. Grundsätzlich soll die Behörde auf dem gleichen Kommunikationskanal antworten, den der Nutzer eröffnet hat.

Die Behörde soll bis zum 01.01.2021 die Durchführung ihrer Verwaltungsverfahren auf elektronischem Weg anbieten. Das ist noch zwei Jahre früher, als es das Onlinezugangsgesetz des Bundes fordert. Analog zum E-Governmentgesetz des Bundes können bei Verfahren, die elektronisch geführt werden, die Nachweise ab dem 01.01.2018 auch elektronisch eingereicht werden.

Elektronische Bezahlmöglichkeiten müssen ab dem 01.01.2019 angeboten werden. Die Bezahlmöglichkeit muss der Art des Verwaltungsverfahrens entsprechen. Das heißt bei einem online durchgeführten Verfahren muss auch eine Online-Bezahlmöglichkeit angeboten werden. Beim Kreis sind diese Bezahlmöglichkeiten (E-Payment) bei den Online-KFZ-Verfahren und neuen Antragsassistenten (sh. 3.3.3 „Effizienter Workflow“) realisiert.

Mit dem E-Governmentgesetz NRW wurde für die Behörden im Land NRW erstmalig gesetzlich geregelt, dass Akten ausschließlich elektronisch geführt werden können. Es gelten die gleichen Grundsätze für eine ordnungsgemäße Aktenführung wie bei der Papierakte.

Bei den landeseigenen Behörden soll die elektronische Aktenführung bis zum 01.01.2022 verpflichtend eingeführt werden. Für die Kreise ist diese Verpflichtung nicht bindend, auch nicht in der Funktion als untere staatliche Verwaltungsbehörde. Wenn Akten mit Landesbehörden ausgetauscht werden, so muss das ab dem 01.01.2022 elektronisch erfolgen. Es ist daher sinnvoll für den Kreis, das Datum 01.01.2022 ebenfalls anzustreben.

Beim Kreis ist die Umstellung auf die elektronische Akte ein mehrjähriger Prozess, bei dem die Umstellung sektorenweise auf der Basis einzelner Ämter oder Sachgebiete erfolgt. In einigen Bereichen ist die Umstellung bereits erfolgt, andere sind in der Umsetzung und die anderen werden folgen.

Wichtig bei der Überführung von Papierdokumenten in elektronische Dokumente (ersetzendes Scannen) ist die bildliche und inhaltliche Übereinstimmung. Farbige Dokumente sind auch farbig einzuscannen.

Papierdokumente sollen vernichtet oder zurückgegeben werden, sobald eine Aufbewahrung aus rechtlichen Gründen oder zur Qualitätssicherung der Übertragung nicht mehr erforderlich ist. Eine doppelte Aktenführung ist damit nicht zulässig und unabhängig davon auch nicht sinnvoll. Das Thema der Langzeitarchivierung elektronischer Dokumente wird beim Kreis zusammen mit dem Archiv und dem Landschaftsverband Westfalen Lippe bearbeitet.

Die Verpflichtung zur vollständigen elektronischen Vorgangsbearbeitung in den Landesbehörden besteht ab dem 01.01.2031. Für die Kreise besteht diese Verpflichtung ausdrücklich nicht. Ab dem 01.01.2022 soll den Nutzern die elektronische Kommunikation bei der Durchführung ihrer Verfahren angeboten werden. Aber erst ab dem 01.01.2031 besteht die Pflicht zur elektronischen Vorgangsbearbeitung. Das heißt in einem Verwaltungsvorgang wird zwar nach außen elektronisch kommuniziert, die interne Bearbeitung aber läuft weiterhin analog. Das ist nicht sinnvoll, da die wesentlichen Vorteile erst dann zum Tragen kommen, wenn das Gesamtverfahren elektronisch abläuft. Es sollte daher angestrebt werden, dass ein Verfahren, das nach außen elektronisch angeboten wird, auch intern elektronisch bearbeitet werden kann.

2.1.6 Weitere rechtliche Rahmenbedingungen

Neben den oben näher erläuterten rechtlichen Regelungen gibt es noch zahlreiche weitere Gesetze und Verordnungen, die jeweils Teilbereiche der Digitalisierung regeln.

Beispielhaft sind hier noch die folgenden genannt:

  • Verschiedene Gesetze und Verordnungen zum Breitbandausbau
  • Gesetzliche Regelungen zum De-Mail Zugang
  • Elektronische Übermittlung von Daten aus Gewerbeanzeigen
  • Elektronischer Rechtsverkehr Verordnung (ERVV)

Gesetzliche Regelungen zum Open Government

Weitere Informationen

Kontakt

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